Lieblich?
"Lieblich sind die
Juninächte,"
spricht in
Dreizehnlinden der Poet.
Meinte er die zarten
Rosen,
deren Duft die
Jahreszeit umweht?
Doch, was ist daran so
lieblich.
wenn bei ihm die Rosen,
jede rot, in ihrem Blut vergeht?
Oder ist´s das Küssen
und das Kosen?
Doch in Webers
Dichterei verdecken
des Lenzens letztes
Werben
drohend diese hellen
Nächte,
und die Nachtigallen
klagen um sein Sterben.
Nicht immer sind´s
die dunklen Mächte,
die alles
unheilvoll aufwecken.
Du fühlst, es hat sich
was verschworen
gegen dich und mich.
Monate und Jahre
gehn verloren.
Mut und Kraft?
Irgendwann verschwunden.
Einer bleibt zurück
-
Du oder ich.
Geschunden.
Pech oder
Glück!
©
Winfried Kerkhoff
Anmerkung:
Der hier nicht namentlich genannte Poet heißt Friedrich Wilhelm
Weber, der wohl größte, aber wohl nicht mehr bekannteste
Dichter Westfalens. Sein 25 Kapitel starke Epos Dreizehnlinden (1.
Auflage 1878, mein Werk erschienen im Verlag Peter Heine & Co., Warendorf i.W. o.J.,
mindestens die 94. Auflage, ca. 1899) beginnt mit:
"Wonnig ist's, in Frühlingstagen
Nach dem Wanderstab zu greifen
Und, den Blumenstrauß am Hute,
Gottes Garten zu durchschweifen"
(Kapitel 1 Aus dem Nethegau, S. 1).
Auf das hier verwiesene 5. Kapitel "Opfersteine" (S.43) beginnt:
"Lieblich sind die Juninächte,
Wenn des Abendrots Verglimmen
Und des Morgens frühe Lichter
Dämmernd ineinanderschwimmen;"
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