Flügel für den Schlaf

 

Meiner Seele lass ich Flügel wachsen.

Sie fliegt heut nacht zu dir.

Ich will dich nicht überraschen,

Keine Angst, ich klopf an deine Tür.

 

Du wirst mein Pochen hören

und lässt mich ohne Wissen ein.

Du hast die Tür geöffnet,

doch sehen wirst du kein'n.

 

Du wirst verwundert denken:

Ist da nicht wer gewesen?

Und gehst zurück dorthin,

wo du eben noch gesessen.

 

Ich setz mich ungesehen neben dich,

und werd dein lichter Schatten sein.

Ich möcht doch gern wissen,

was du so treibst daheim.

 

Erschrick nicht, meine Seele,

sie kuschelt eng an deine.

Sie ist beglückt,

dass sie ist nicht alleine.

 

Siehst du fern,

schaut sie mit dir.

Liest du ein Buch,

sie hält es dir.

 

Bist du dann müd´ und

willst ins Bett,

gehst in dein Zimmer

- krieg keinen Schreck-,

 

streifst ab das Kleid,

sie schaut dann nicht,

wenn du's nicht willst,

dein Wünschen hat Gewicht.

 

Legst du dich hin, spannt

meine Seele ihre Flügel aus

und deckt dich damit zu.

Sie geht zu Fuß nach Haus.

 

Zuvor jedoch löscht

sie noch aus das Licht,

sie streift dich sanft,

doch sie sehen kannst du nicht.

 

© Winfried Kerkhoff

 

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