Meine Weihnachtserinnerungen
Weihnacht im Internat
Dass ich, der Benjamin der Familie, einmal freiwillig mich für einen
Aufenhalt in einem Internat begeistern könnte, hatte wohl keiner
in meiner Familie erwartet. Dennoch fasste ich - noch keine 14
Jahre - den Entschluss, meine Schullaufbahn zu unterbrechen und vom
Gymnasium in Burgsteinfurt abzugehen, das Arnoldinum hieß, und in der Klosterschule
der Steyler Ordensgemeinschaft St. Arnold bei Wettringen meine
Schullaufbahn fortzusetzen. Sicher bin ich nicht, aber der Steyler
Orden war in meiner Familie namentlich wohl bekannt. Ich habe ab dem Moment,
wo ich lesen konnte und früher, die "Stadt Gottes", eine Zeitschrft der
Steyler, die mein Vater bezog und ich im Bücherschrank meines Vaters
fand, gelesen.
Ich hatte 1945 kurz vor Kriegsende meine Aufnahmeprüfung für das
Gymnasium bestanden, musste nach Kriegsende vorrübergehend in die 5.
Volksschulklasse gehen, bis das Gymnasium wieder Schüler beschulte. Als
ich die 3. Klasse besuchte mit dem 1. Jahr Latein meldete mich mein
Vater ab vom Unterricht. Die Verhandlungen mit der Internatsschule
hatten früh begonnen. Wir hatten Kontakte mit Lehrern und Schülern
geknüpft. Der dortige Unterricht in der 1. Gymnasialklasse hatte mit
Latein begonnen. Ich konnte also nicht in die 4. Klasse übernommen
werden. Dafür fehlten mir an Klassenstoff im Fach Latein 2 Jahre. Man
schlug mir vor, einen Jahrgang zurückzugehen und ein Jahr an
Klassenstoff Latein innerhalb der Monate, wo ich keine Schule hatte,
aufzuholen.
So lief es dann auch. Es war für mich eine schöne Zeit. Jeden Tag kam
ein Lateinlehrer und der brachte es fertig, dass ich in der unteren
Klasse mit 1 1/3 Jahr Latein der beste im Fach Latein war. Eine schöne
Zeit war es auch, weil ich 2- bis 3mal die Woche Klavierunterricht
nehmen durfte. Im Kloster brachte das mir später Vorteile für den
Harmonium-Unterricht.
Ein zentrales Fest wurde in der Zeit, in der ich in St. Arnold war, das
Weihnachtsfest. Weihnachten hatte auch in meiner Familie einen hohen
stellenwert, durch den nächtlichen Kirchgang, Krippenbau und
Weihnachtslieder.
Bald nachdem ich nach St. Arnold kam, begann man damit dort, den Chor
für das Weihnachtsfest zu üben. Diese Art der Vorbereitung
begeisterte mich.
Ich hatte noch meine Knabenstimme. So kam ich in den dortigen Chor und
sang Alt-Stimme. Der Chor hatte viele Anlässe zu singen. Die
Hauptaufgabe war, zu Beginn der Adventszeit die Heukrippe mit dem
Jesuskind nach oben auf einem Tisch zu bringen. Damit wurde die Ankunft
des "Herrn" sichtbar gemacht. In der hl. Nacht wurde das Kind mit Krippe
in einer feierlichen Prozession - während der Chor singend mitzog - in
die Kirche zum Stall gebracht: Christ war erschienen. Für mich war es
eine sehr deutliche Darstellung von Christi Geburt. Dann wurde der Weihnachtsgottesdienst gefeiert.
Auch die Klassenzimmer, die zugleich Tagesräume waren, wurden
geschmückt. In jede Klasse kam ein deckenhoher Weihnachtsbaum, der von
den Jungen gemeinsam geschmückt wurde. Unser Klassenbaum erhielt einen
Silbermantel aus Lametta, das ja heute verpönt ist. Mit recht. Als wir
aber unseren Baum geschmückt hatten, waren wir begeistert und stolz. Mit
Andacht haben wir unsere Tanne betrachtet.
Sehr eindrucksstark war dieser Schmuck.Von Innen heraus und von unten
nach oben wurde Lamettefaden neben Lamettafaden gehängt, so dass der
ganze Stamm mitsamt Ästen silbern leuchtete. Ich war so beeinduckt
davon, dass ich mit Frau und Kindern solch einen Lamettabaum
herrichtete, als wir nach Fertigstellung unseres neuen Hauses unseren ersten Baum
schmückten.
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