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Die Cataratas do Iguaçú – die längsten
Wasserfälle der Welt
Auf der Reise nach Cruzeiro
do Sul machen wir von Sâo Paolo aus einen Abstecher zu den Cataratas do
Iguaçú.
13.00 Uhr ist Abflug von Sâo
Paolo – heute ist der 30.1.2001. Ziel sind die Wasserfälle
Iguaçú,
1000 km westlich von Sáo Paolo, so nahe an der Argentinischen Grenze, dass
ein Teil von ihnen in Argentinien liegen. Das dritte Land in diesem Dreiländereck
ist Peru.
Die Flugzeit ist nur kurz.
Um 14.30 sind wir schon auf dem Flughafen Foz (Mündung) do c, nachdem wir
im Flugzeug gut zu Mittag gegessen haben. Mit der Taxe fahren wir zum
Hotel San Martini, wo unsere Zimmer gebucht sind. Dort werden wir bis übermorgen
bleiben. Morgen werden wir uns die Wasserfälle ansehen.
Mein Zimmer hat einen
Ventilator, obwohl es mir gar nicht zu warm vorkommt, man hat halt leichte
Kleidung an. Zudem kann es mir eigentlich nicht warm genug sein. Das
Fenster ist geöffnet, Fliegendraht davor und – vergittert. Ab jetzt
muss man sich daran gewöhnen. Fast überall, wohin wir kommen, sind die
Fenster, damit keiner etwas entwenden kann, vergittert, weil sie meistens
aufstehen oder scheibenlos sind.
Meine Wegbegleiter und ich
beschließen morgen eine Bootsfahrt zu den Wasserfällen zu machen und
anschließend die Wasserfälle zu Fuß zu begehen.
Den Nachmittag verbringen
wir mit Lesen, Schwimmen im Pool, Ausruhen. Das Essen im Hotel ist gut und
reichlich.
Am anderen Tag fahren wir
mit dem Bus – zweistöckig und ohne Scheiben, da werden meine Enkel aber
lachen – durch den Nationalpark. Dort liegen die Wasserfälle. Auf dem
Weg dorthin liegt die Kanustation. Deren Haltestelle ist bald erreicht.
Während der Busfahrt
erfahre ich von dem Missgeschick meines Reisebegleiters. Er war am Morgen
in seine kurze Hose gehüpft und – schrie auf, warf seine Hose fort,
denn die saß voller Ameisen, die nun über ihn herfielen. Es war schlimm
und sah schlimm aus. Aber noch schlimmer waren die „Spätfolgen“ , mit
denen keiner gerechnet hatte. Im Nachhinein war es so einfach: Warum legt
man über oder überhaupt Sachen auf den Fußboden. Aber ich hatte Glück
gehabt. Ich hatte für meine Kleidung einen Tisch genommen, konnte also
nichts dafür, dass es mir besser ging.
Um zum Anlegeplatz der
Bootsfirma zu kommen, müssen wir durch den Urwald. Wir schmieren uns
vorher gegen die Moskitos reichlich mit Zitronenmelissensaft ein, es soll
das beste Mittel gegen die Stecher sein, erklärt uns ein deutschstämmiger
Führer. Auf offenen Wagen, gezogen von einem Jeep, fahren wir durch den
Urwald.
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Reklamekarte
des Bootunternehmens Macuco (Schiebebild)
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Der Führer erzählt von den wenigen wilden Großkatzen, die noch
in Brasilien, nämlich im Nationalpark sind, von Spinnen, deren Netze in
etwa vier Meter Höhe über uns gezogen sind, in der Mitte die dicke
wartende Jägerin. Er berichtet von der Madeira-Spinne, braun,
(Holzspinne), die ihre Opfer jagt und knapp Handteller groß, sehr giftig
und der Biss sehr schmerzvoll ist, er erzählt vom Wuchs der Bäume, von
den Insekten. Doch wir haben „Pech“. Wir sehen nur Schmetterlinge,
einige so groß wie fast zwei Hände nebeneinander, die uns umgaukeln:
blau, gelb, dunkelbraun, einige verschiedenfarbig schillernd.
Schon sind wir am Bootssteg.
Wir bekommen jeder eine Schwimmweste und einen Plastikbeutel für die
Wertsachen. Das musste ja wohl sehr nass werden! Ich sehe, dass die
meisten anderen Abenteurer, die schon im Boot auf die Wasserfahrt warten,
die Kleidung bis auf die Badehose abgelegt haben. Was für ein Glück, das
ich vor der Fahrt in den Nationalpark auch eine angezogen hatte. |
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Unsere
Kleidung packen wir auf die Bank des Bootshauses, wollen die Treppe zum
Bootssteg hinuntergehen. „Mich hat was gebissen,“ ruft jemand. Es ist
die Neußerin, die von irgendeinem wespenartigem Biest besucht wurde. Die
Stationsführer haben schnell ein Mittel – welches konnten wir nicht in
Erfahrung bringen – zur Hand und streichen es auf die Bissstelle – und
es gab keine Folgen.
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über "zurück" oben links |
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So steigen wir mit der
Schwimmweste in das Boot, und ab tuckert es.
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Schon bald sehen wir die
Wasserfälle noch klein, unscheinbar, jedoch sie kommen schnell näher,
und bald können wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen, so laut
rauschen die Wassermassen herab. Dieses Tosen wird uns noch über Stunden
später auf unserem Fußmarsch begleiten.
Der Bootsführer fragt uns, ob
wir unter den stürzenden Wassermassen herfahren wollen? Wir stimmen zu.
Er gibt uns zu verstehen, dass wir unsere Foto- und Filmgeräte in den Tüten
dicht verpacken und sicher festhalten sollen. Bald sind die herabstürzenden
Massen so nahe, dass wir einen ordentlich Schub Wasser abkriegen. Dann -
massiger Sprühnebel um uns, das Wasser prasselt, ich bekomme kaum Luft.
Nass, nasser, Iguaçú.
Wir stehen mit dem Boot wieder vor den Fällen. Noch einmal?, fragt der Führer.
Sicher! Und - noch einmal! |
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Viel zu schnell sind wir
wieder am Anlege-Steg. Die nächsten Wasserfallnarren warten schon.
Zurück geht es wieder mit
dem Wagen durch
den Urwald zur Bushaltestation. Am Bootshaus bekommen wir eine kleine
Tasse sehr süßen Kaffee. Man bedient sich selbst.
Dann sehe ich Schmetterlinge, ein ganzer Schwarm auf
steinigem Grund, kaum zu erkennen, sie sitzen bis auf einige
ganz still. Ich schleiche mich heran und - da habe ich sie auf einem
Foto. Siehst Du sie auch? Sonst muss Du anklicken. |
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Die gelben Falter sind einzig schön.
Im ersten Moment von Untergrund kaum zu unterscheiden. Natürlich, nicht
nur ein Foto muss ich machen.
Der Bus kommt und bringt uns
zu der Stelle der Wasserfälle, wo wir zu Fuß an der gesamten Breite
entlang wandern können. Von der Haltestelle aus kann man durch die Bäume
schon die mächtigen Fälle erkennen, die längsten der Welt. Normal um
die 60 m hoch, in der Regenzeit 90 m, also vor allem in den Monaten Januar
und Februar, und das auf 2700 m Länge. Damit zählt
Iguaçú zu den längsten, aber nicht zu den höchsten Wasserfällen der Welt; die liegen in Venezuela,
heißen San Ángel und sind ca. 980 m hoch, aber sie immerhin einen
Superlativ, nämlich die längsten zu sein.
Der Fußweg führt von der
Bushaltestelle an Teilen des Wasserfalles entlang bis zu den Hauptstellen.
Wir sehen die Fälle auf diesem Fußmarsch von unten, von oben, wir sehen
tief unter uns die Stelle, wo wir mit dem Schlauchboot waren, dort fährt
gerade eins dieser Boote unter dem Wasser hindurch. Es sieht schon
abenteuerlich aus.
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Eine Ameisenbärenfamilie läuft
zwischen den Leuten her, Elterntiere und zwei Junge. Sie leeren den Mühleimer
am Kiosk. Ein Leguan schiebt sich über den Weg, aber dennoch zu schnell,
als dass ich meine Überraschung und die Fototechnik überwunden hätte.
Und dann die vielen, vielen geduldigen Spinnen, die in der Luft neben dem
Weg in einer Höhe von 4-5 Metern hängen! Wenn man auf zum kleinen Stück Himmel schaut, der zwischen
dem üppigen Urwald links und den kleinen Bäumen vor dem Wasserfall
rechts übrigbleibt, sieht man sie in ihren Netzen auf ihre Opfer warten.
Der Fußweg ist sehr gut
angelegt, zwischendurch gibt es immer wieder Plateaus, die hinausgezogen
sind und wo man eine gute Aussicht auf die Fälle hat.
Manchmal sieht man
unten über dem Wasser einen vielfarbigen Regenbogen aufschimmern.
Und dann kommt der erste
Stich. Ich lehne mich an einen Ast mit der Schulter, Sekunden später, es
schmerzt eine winzige Stelle auf dem Oberarm sehr stark, der ja wegen der
Wärme frei ist. Man sieht eine Einstichstelle, die in Sekundenschnelle
sich rötet und leicht anschwillt. Wer war´s? Täter unbekannt. Aber wir
sind doch gerüstet, mit Autan und Nelkenöl. Das Nelkenöl - Tip vom
einer Afrikafahrerin - hilft sehr
gut, ein paar Mal betupft im Laufe des Nachmittags, und die Schwellung
geht zurück. Was lerne ich daraus? Haltung bewahren, auch wenn man eine
Stütze braucht, denn dann hast du den Schaden! Ob es auch im übertragenen
Sinne stimmt, sehr wahrscheinlich nicht, sicher nicht!
Die Fälle kommen immer näher. |
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Ich bin ein paar Schritte
vorausgegangen. Da schiebt sich ein Tier aus den Sträuchern. Ich sehe es
jetzt noch, wie ich euch das berichte, vor meinen Augen, wie es sich aus
dem Grün heraus bewegt. Keine zwei Meter vor mir. Ein Leguan. Langsam
aber sehr zielstrebig schiebt es sich über den vielleicht 2 m breiten
Weg. Starr vor Staunen schau ich dem Auftritt zu. Bewegungslos. Da
entdecke ich auf der anderen Seite des Urviechs einen anderen Beobachter,
ich hatte ihn gar nicht wahr genommen. Er fotografierte und klickte immer
wieder. Warum fotografierte ich eigentlich nicht? Zu spät - als ich so
weit bin, aus meiner Erstarrung erwacht und meinen Fotoapparat bereit
habe, sehe ich gerade noch den Schanz auf der anderen Seite des Weges im
Dickicht verschwinden. Verpasst. Pech! Das wäre was gewesen. Zeit genug
hätte ich gehabt. Aber wunderschön war es trotzdem! So steht hier also
kein Foto.
Dafür noch eins vom
Wasserfall
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Unser Weg führt uns fest am
Ende unseres Fußmarsches auf eine Holzbrücke – Vorsicht, nicht
ausrutschen. Vor uns fallen die riesigen Wassermassen – es ist ja
Januar/Februar – tosend herab. In der Luft ein feiner Wasserdunst, der
unsere Hemden nun endgültig durchnässt. Kann man das Erleben hier noch
steigern? Man kann! Der weitere Weg bringt uns nun unmittelbar an die
Wassermassen heran.
In der Regenzeit krachen hier weit über 6000 cbm
Wasser herunter, zum Teil rötlich braun gefärbt über das Basaltplateau
in die Tiefe, wo meterhoher Gischt in die Luft spritzt. Mit der
ausgestreckten Hand kannst du das Wasser fast anfassen. Der Lärm ist
nicht zu überbieten. Man muss einfach schreien, wenn man den anderen
erreichen will. Es ist beeindruckend schön! Ist es wirklich Wasser oder
gefrorenes Eis – nur für letzteres ist alles zu warm hier. Die Illusion
wird sofort zerstört. Aber es bleibt das visuelle Schauspiel, Erlebnis,
von dem ich mich gar nicht trennen mag. Und über allem die Tropensonne.
Bevor wir uns auf den Rückmarsch
machen, kaufe ich ein Hemd mit dem Enbleme der
Iguaçú-Wasserfälle
für mich. Ein trauriges Gefühl, sonst schenkte ich auf unseren Reisen
stets Erika ein Andenken, das sie im Wohnmobil an der Wand betrachten
konnte und später zu Hause an dem “Galgen“ über dem Bett hing.
Da wir hungrig sind suchen
wir ein Lokal. Die Straße führt nahe an den Wasserfällen vorbei. Jetzt
können wir die Wasserfälle von oben sehen.
Ich hatte an der oben genannten Bootstelle ein
prächtiges Buch erstand : Iguaçú - Cataratas / Falls Brasil, Editora
Aventura Brasileira. Darin sind Fotos über den Urwald, die Wasserfälle,
dei Tierwelt, die Gebäude. Alles rund um die Wasserfälle.
So wie auf dem Bild diese Buches zeigen sich jetzt die
Wasserfälle.
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Nach einem Imbiss in einem
Schnellrestaurant und einem Bummel durch einen Andenkenladen fahren wir
mit dem Bus durch den Urwald zurück. Ein herrliches Erlebnis hatte uns
der Abstecher zu den Wasserfällen geschenkt. Es war eine gute Idee meiner
Reisebegleiter, mich auf diesem „Umflug“ mitzunehmen – 1000 km hin
und 1000 km zurück, aber was sind Entfernungen schon in Brasilien, das
lernte ich jetzt schon -.
Noch eine Nacht im Hotel.
Morgen, am 1.2.2001, geht es weiter. Erst zurück nach Sâo Paolo, von dort
haben wir noch 5000 km bis zu unserem Ziel Cruzeiro do Sul vor uns.
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