Meine Weihnachtserinnerungen 1949

 

Weihnacht im Internat

 

Dass ich, der Benjamin der Familie, mich einmal freiwillig für einen Aufenhalt in einem Internat begeistern könnte, hatte wohl keiner in meiner Familie erwartet. Dennoch fasste ich - noch keine 14 Jahre - den Entschluss, meine Schullaufbahn zu unterbrechen und vom Gymnasium in Burgsteinfurt abzugehen, das Arnoldinum hieß, und in der Klosterschule der Steyler Ordensgemeinschaft in St. Arnold bei Wettringen, der dieses Internat gehörte,  meine Schullaufbahn fortzusetzen. Sicher bin ich nicht, aber der  Steyler Orden war in meiner Familie namentlich wohl bekannt. Ich habe ab dem Moment, wo ich lesen konnte und früher, die "Stadt Gottes", eine Zeitschrft der Steyler, die mein Vater bezog und ich im Bücherschrank meines Vaters fand, gelesen.

Ich hatte 1945 kurz vor Kriegsende meine  Aufnahmeprüfung für das Gymnasium bestanden; wir wohnten damals als von Münster Evakuierte (1943) in Burgsteinfurt in einem kleinen Häuschen, das einer ausgedienten Bäckerei als Vorratskammer für Mehl und Brennmaterial diente und war bewohnt von Ratten und  sogar Kakerlaken. Bei einem Bombenangriff brannte das Haus mitsamt unserem von Müster mitgebrachten Eigentum ab. Nach Wochen beim Bauern in Horstmar bezogen wir in Burgsteinfurt ein anderes Haus mit Garten und setzten es in Stand. Von hier aus musste ich dann zunächst nach Kriegsende vorrübergehend  die 5. Volksschulklasse, bis das Gymnasium wieder Schüler beschulte.

Als ich die 3. gymnasiale Klasse besuchte mit dem 1. Jahr Latein, meldete mich mein Vater nach den großen Ferien ab vom Unterricht. Die Verhandlungen mit der Internatsschule in Wettringen hatten früh begonnen. Wir hatten Kontakte mit Lehrern und Schülern geknüpft. Der dortige Unterricht hatte mit Latein in der 1. Gymnasialklasse begonnen. Ich konnte also nicht in die 4. Klasse übernommen werden. Dafür fehlten mir an Klassenstoff im Fach Latein 2 Jahre. Man schlug mir vor, einen Jahrgang zurückzugehen und ein Jahr an Klassenstoff Latein innerhalb der Monate, wo ich keine Schule hatte, aufzuholen.

So lief es dann auch. Es war für mich eine schöne Zeit der Vorbereitung. Jeden Tag kam ein Lateinlehrer und der brachte es fertig, dass ich in der unteren Klasse mit 1 1/3 Jahr Latein der beste im Fach Latein war. Eine angenehme Zeit war es auch, weil ich 2-  bis 3mal die Woche Klavierunterricht nehmen durfte. Im Kloster brachte das mir später Vorteile für den Harmonium-Unterricht.

Ein zentrales Fest wurde in der Zeit, in der ich in St. Arnold war, das Weihnachtsfest. Weihnachten hatte auch in meiner Familie einen hohen Stellenwert, durch den nächtlichen Kirchgang (Ucht), Krippenbau, Weihnachtslieder und das verschlossene Weihnachtszimmer; alles sehr geheimnisvoll.

Mir bringen Adventstage viele Erinnerungen an früher zurück.  Besonders an die eigene  Kindheit und an die eigenen  Kinder. Manchem ein bekanntes Phänomen.

Ich war im Internat St. Arnold bei Rheine; wir waren in der Klasse ca. 25 Jungen im Alter von 14/15 Jahren. Es war 1949 und kurz vor Weihnacht. Ich lebte seit dem Frühjahr in diesem Internat.  Zum ersten Mal in meinem Leben war ich Weihnachten nicht zu Hause. Wie wird das wohl?, fragte ich mich. Gerade schmückten wir  - das Haus beherbergte nur Jungen - in unserem Klassensaal eine Tanne, deren Spitze bis zur Decke reichte.   Unendlich viele Lamettastreifen legten wir auf die Äste, bis die Tanne völlig versilbert schimmerte. Solch eine Technik war mir neu, gefiel mir aber sehr. Als ich erwachsen war, habe ich eine Tanne in meiner Familie zu Weihnacht auch so geschmückt.

Begeisterung! Heute das Lametta zu ersetzen - ist  in meinen Augen ein Muss.

 

Bald nachdem ich in St. Arnold Schüler wurde, also im Frühjahr hatte man schon recht früh dort damit begonnen, mit dem Chor für das Weihnachtsfest zu üben. Zeitlich war es doch gerade Ostern gewesen. Die Art der Vorbereitung  auf das Weihnachtsfest begeisterte mich. 

Ich hatte noch meine Knabenstimme. So kam ich in den dortigen Chor und sang Alt-Stimme. Der Chor hatte viele Anlässe zu singen. Die Hauptaufgabe war, zu Beginn der Adventszeit die kleine Heukrippe mit dem Jesuskind nach oben auf einem Tischim Flur zu begleiten. Damit wurde die erwartete Ankunft des "Herrn" (Advent) sichtbar gemacht. Das Christkind blieb auch oben auf dem Flur stehen. In der hl. Nacht wurde das Kind mit Krippe in einer feierlichen Prozession - während der Chor singend mitzog - in die Kloster- Kirche zum Stall gebracht: Christus war erschienen. Für mich war es eine sehr deutliche Darstellung von Christi Geburt. Danach wurde der Weihnachtsgottesdienst gefeiert.

Auch die Klassenzimmer, die zugleich Tagesräume waren, wurden geschmückt. In jede Klasse kam ein deckenhoher Weihnachtsbaum, der von den Jungen gemeinsam geschmückt wurde. Unser Klassenbaum erhielt einen Silbermantel aus Lametta, das ja heute verpönt ist. Mit recht. Als wir aber unseren Baum geschmückt hatten, waren wir begeistert und stolz. Mit Andacht haben wir unsere Tanne betrachtet.

Sehr eindrucksstark war dieser Schmuck -wie gesagt.Von Innen heraus, also am Stamm beginnend, und von unten nach oben wurde Lamettefaden neben Lamettafaden gehängt, so dass der ganze Stamm mitsamt Ästen silbern leuchtete. Ich war so beeinduckt davon, dass ich mit Frau und kleinen Kindern solch einen Lamettabaum herrichtete, als wir nach Bau unseres eigenen Hauses in Sendehorst den ersten Baum schmückten, obwohl das Ereignisse in St. Arnold mehr als ein Jahrzehnt zurücklag.

 

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