Schon kleine Kinder zeigen, dass sie
dieses Geheimnis in sich tragen, sie malen und bauen nicht nur gern, sie
suchen Neues und einverleiben auf vielfältige Weise die Welt sich ein.
Im Erwachsenenalter findet der einzelne wenig Zeit.
Aber mit zunehmenden Alter gewinnt diese
Fähigkeit und die Freude am Ausprobieren wieder mehr Raum: der eine
beginnt zu malen, ein anderer schreibt Geschichten oder sucht sich ein
Hobby oder findet fremde Welten im Lesen oder beim Reisen. Schon in der
Jugendzeit kann man diese Zeit vorbereiten, indem man freizeitliche
Aktivitäten, wie Wandern, Lesen, Museumsbesuche, Filmen u.a. ausübt.
Glücklich der, der während der
beruflichen Arbeitszeit immer mal wieder seine kreativen Fähigkeiten
probieren oder sogar einsetzen und durch eigene Ideen entwickeln kann.
Ich selbst hatte in meinem Leben viele
Gelegenheiten und Impulse, diese urschöpferische Kraft zu erfahren, ihr
nachzugehen und zu realisieren – und nutzte die Chance.
Von meinem Vater inspiriert und
angeleitet habe ich schon neben technische Aktivitäten, z.B. Fahrrahd
zusammenbauen, ab früher Jugendzeit, viel und oft mit Kohle-
bzw. mit Rötelstiften zeichnen und mit Ton formen können, weil mein
Vater solche Freizeittätigkeitenselbst ausübte, oft mit mir zusammen.
In seiner Studienzeit zum Lehrer bekam
ich dann künstlerische Unterstützung durch die Begleitung von
Kunst-Professor Wienhausen (Münster) zur Arbeit mit Tonerde und zur
Formung von Vasen und Reliefs (Keramik). Später führte ich die Idee und
Realisation meines Vaters, Krippen und Krippenfiguren zu gestalten, in
meiner eigenen Familie erfolgreich weiter.
Für das Grab meiner ersten Frau entwarf
ich ein Grabmal, die Realisation wurde in Zusammenarbeit mit dem
Bildhauermeister B. Schemann ausgeführt. Für meine jetzige
Lebensgefährtin formte ich eine hl. Elisabeth aus Tonerde, fast einen
Meter groß.
Daneben entwickelte sich noch eine
zweite bevorzugte Aktivität.
Angestoßen durch meine Eltern begann ich
mich früh sprachlich, insbesondere für das Lesen zu interessieren. Als
ich gerade lesen konnte, bekam ich zu Weihnachten ein kleines
Gedichtsbändchen „Der Frühling ist die schönste Zeit“ mit Gedichten von
A. von Droste-Hülshoff, H. Seidel u.a. Es war für mich, dem jüngsten
Kind mit 4 Geschwistern, ein besonderer Anstoß. Ich kann mich noch gut
erinnern. Ab da suchte ich alles nach Lesbaren ab, besonders der Schrank
meines Vaters hatte es mir angetan. Dieser Schrank war voll gespickt mit
Büchern, Zeitschriften, die in der damaligen Zeit oft
Fortsetzungsgeschichten enthielten: es war ein Leseparadies.
Mein Vater las selbst viel und gern. Er
kannte außerdem viele Gedichte aus seiner Schulzeit und sang, besonders
an Sonntagen, uns Kindern Volkslieder vor.
Eine richtige Leseratte wurde ich, als
mein Vater die Leitung der Bücherei in der Pfarrei Burgsteinfurt
übernahm. In dieser Zeit, etwa ab 16 Jahren, las ich mehrere Bücher pro
Woche, alles, was die Bücherei bot: Von Heimatromanen (Ganghofer),
Kriminalgeschichten (Wallace, Christie), Indianer-Büchern bis zu
Tiererzählungen (Fleuron). Später kamen auch moderne Autoren wie Schaper,
Marshall und Wiechert u.a. hinzu.
Diese gewissermaßen ausartende Lesewut
brachte auf dem Gymnasium sogar meine Versetzung in Gefahr. In der
Oberstufe wurde ich wischt, als ich im Religionsunterricht heimlich
einen Roman las. Es dauere lange und kostete viel Mühen, so muss ich
sagen, bis der Studienrat sich beruhigt hatte und mir verzieh.
Natürlich lernte ich auch die
Heftchenromane, u.a. Jerry Cotton kennen; da sie im Elternhaus verpönt
waren, las ich sie heimlich, meistens im Zug auf dem Schulweg.
Als Lehrer konnte ich meine Schüler für
Märchen begeistern, auch die älteren durch dramatische Aufbereitung,
gewissermaßen als Pausenkrimi, wenn man diese Darbietung im heutigen
Sprach-Jargon betiteln wollte. Schon in meiner Ausbildung zum Lehrer
machte ich die Erfahrung, dass Gedichte junge Schüler beeindrucken und
begeistern können, wenn sie entsprechend ihrem Inhalt vorbereitet und
vorgestellt werden. In Unterricht-Praktika bearbeitete ich als Professor
mit den Studierenden das Thema „Schüler lesen Bücher“ und erprobte
entsprechenden Unterricht. Das Buch `Lieber alter Zottel´ (W. Gruber)
war ein Highlight; so habe ich noch heute diese Unterrichtsreihe in
guter Erinnerung.
Auch während meiner wissenschaftlichen
Laufbahn als Professor in Dortmund und Berlin waren selbstverständlich
Lesen und Schreiben – eben auf wissenschaftlichem Gebiete - neben der
Lehre meine Haupttätigkeiten. Zu nennen sind da meine zahlreichen
fachlichen und behinderungsorientierten Veröffentlichungen, z.B. zur
Didaktik, Montessori-Arbeit in der Schule, zur Elternarbeit und
außerschulischen pädagogischen. Von meinen wissenschaftlichen Schriften
wurde die „Enzyklopädie der Sonder- und Heilpädagogik“, 700 Seiten
stark, in Zusammenarbeit mit ca. 100 Mitautoren; sehr bekannt. Ich war
einer der beiden Mitherausgeber. Man erzählte mir, dass dieses Buch,
damals, als es erschien, von vielen Studierenden erworben wurde. Sogar
Studenten von anderen Hochschulen riefen mich an, Das machte mich schon
stolz und war Lohn für 15 Jahre intensiver Arbeit.
Als 1984 meine Frau einen schweren
Schlaganfall erlitt, musste ich erleben, dass die medizinische Therapie
weit entwickelt war, dass die praktisch-terapeutische bzw. die
rehabilitativ-mediale Behandlung bei Schlaganfallpatienten im
Krankenhaus relatives Neuland war. Als erstes setzte ich durch, das
meine Frau sofort krankengymnastisch behandelt wurde. Mit dem Chefarzt
vereinbarte ich, dass die medizinische Behandlung und die
praktisch-rehabilitative Maßnahmen zwischen uns geteilt wurde. Z. B.
wurden emotionale Musik-Beschallung, visuelles Nachgehen und Festhalten
des wandernden Blickes der Patientin usw. von mir durchgeführt wurden.
Das klappte sehr gut und führte zu einer beachtlichen <rehabilitaion
meiner Frau. Der Chefarzt Prof. Schürmeyer, der bei einer
Nachunterrsuchung im Krankenhaus seine frühere Patientin besuchte,
äußerte: mir gegenüber: „Wie haben sie denn das geschafft.“ Viele Jahre
nach dem Tode meiner Frau konnte ich den Verlauf ihrer Krankheit
dokumentieren in dem Büchlein „Sechzehn geschenkte Jahre“ zu einer
poetischen Dokumentation. Jahre zuvor war eine sehr genaue
wissenschaftliche Abhandlung dieses Krankheitsfalles erschienen, die den
pflegerischen und rehabilitativen erfplgreichen Ansatz aufzeigte (C.
Kröger).
Eine besondere Erweiterung meiner
Lebenserfahrung konnte ich erreichen, als ich monatelang in der Wildnis
von Brasilien in einer Missionsstation wohnend, Brasilianer in ihrem
Lebensraum erlebte und deren alte Menschen im Heim pflegte und
versorgte, gewissermaßen ausgestattet mit Pflegeerfahrung aus und nach
einer fast 16jährigen Lernzeit bei der Versorgung meiner kranken Frau.
Ein Anstoß, sich als Autor auch im
außerwissenschaftlichen Bereiche zu betätigen, war für mich als
Großvater, dass mir die Märchen beim häufigen Vorlesen in der Runde
meiner jungen Enkelkindern ausgingen und die Buben mich aufforderten,
selbst Märchen zu erfinden. So entstand das erste eigene Märchenbuch.
Lesungen in verschiedenen Ortschaften brachten Erfolg und vor allem
Freude an weiteren Werken.
Die Stoffe dazu fand ich in meiner
näheren Umgebung: In meinem beruflichen, autobiographischen und
familiären Umfeld. Dazu gehörten Professorenleben, Haustierumgang,
schicksalhafte Partnerprobleme. In einem weiteren Werk befasste ich mich
noch einmal mit märchenhaften bzw. phantastischen Geschichten, aber
unter der Thematik „Liebe“ („Die von der Liebe träumen“).
In einem neuesten Band, der bald
erscheinen wird, stellt ich „Gereimtes bis Nichtgereimtes“ unter dem
erweiterten Thema „Leben und Lieben“ vor. Dass ich ein Buch mit vielen
Liebesgedichten herausbrachte, dazu hat auch letztendlich die viel
diskutierte Veröffentlichung „Amoris Laetitia“ von Papst Franziskus
beigetragen, wenn dort die Meinung vertreten wird, Liebe solle Freude
bringen und über die Liebe müsse man miteinander sprechen.
Wer einen Gedichtsband herausbringt, der
muss in der heutigen visuell und digital übersensibilisierten Zeit damit
rechnen, dass er auf keine große Begeisterung trifft, eher auf schnelle
Kritik, wenn man nur ein „Privatier der Dichtkunst“ ist und aus Freude
an der Sache Reime schmiedet und vorwiegend in Internet-Foren zu finden
ist.
Doch den Spaß am Veröffentlichen – auch
von Gedichten – wird mir wohl keiner verderben.
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