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  Wunder ! Wunder?

 

 

Ich las das > Buch  "Überleben in Extremsituationen". Da kamen mir allerhand Gedanken.

 

Staunen und sich wundern sollte der Mensch nie verlernen. Das ist lebenswichtig. Nur der das in seinem Leben kann, bleibt gesund! Das haben schon die alten Griechen erkannt.

Aber einen Schritt weiter: an Wunder glauben? Das ist schon schwierig!

Wunder. Wunder? Glaubst du an Wunder?

Tja, ausschließen kann man sie doch nicht. Oder ist es uncool an Wunder zu glauben? Unsere Zeit und seine Menschen geben sich so aufgeklärt, dass man gar nicht zuzugeben wagt: vielleicht gibt es sie doch, Vielleicht! Habt ihr nicht doch schon mal ein Ereignis erlebt oder davon gehört, das so viele Zufälle in sich vereint, dass es eigentlich nicht stattgefunden haben dürfte, ein Ereignis, das so unwahrscheinlich ist, dass ihr sagt: ein schönes Märchen oder das glaub ich dir jetzt aber nicht.

Der ein solches unvorstellbares Erlebnis erfahren hat, hält es oft für sich zurück, versucht Erklärungen über Erklärungen heranzuziehen. Selten gesteht er sich ein, das es für ihn letztlich nicht erklärbar ist, noch seltener bekennt er: „Ich habe etwas Wunderbares erlebt!“ Man kann es kaum glauben, Wunder dürfen nicht sein, und alles Diskutieren endet häufig mit einem Lächeln der Zuhörer. Oft werden gut ausgehende Ereignisse mit „prima Reaktion“ oder „Glück gehabt“ bewertet. Manchmal wagt einer die Bemerkung: Du hast einen guten Schutzengel gehabt! Diese Worte deuten oft an, dass man den Ausgang des Geschehens wohl nicht allein in der Hand gehabt hat.

 

Ein paar Beispiele aus dem Urlaub.

 

 - Erika und ich machten Urlaub in Jugoslavien am Meer – es war 1980. Der Kiesstrand war zum Land hin durch eine ca.1,80m hohe Steinmauer begrenzt. Ich wollte – ich musste da hinauf. Man konnte oben gut stehen: die  Mauer war ca. 30 bis 40 cm breit. Ich bat Erika, mir einen Sonnenschirm zu reichen. Ich öffnete ihn, zog meine Badehose aus und stolzierte lachend oben auf der Mauer hin und her. Erika stand und guckte und guckte und lachte

Bei einer Drehung sah ich plötzlich eine ziemlich große Hummel auf mich zu steuern. Ich wehrte sie mit Schirm und freier Hand ab. Sie ließ sich nicht beirren. Ich wich aus, sie kam nach. Nun hatte ich das Meer im Rücken. Nein - ich stand auf der Mauer! Das Viech bedrängte mich; ich musste zurück und - trat ins Freie. Mit linkem Fuß nach hinten.

"Du musst dich mit dem Körper nach links drehen, da ist das Meer!", schoss mir durch den Kopf. Ich drehte mich, stieß mit rechts ab. Ich hörte einen schrillen Schrei! Meine Frau! Im Flug nach unten erblickte ich das Meer in 7 bis 8 Meter Entfernung. Ehe ich landete, flog mir der Schirm aus der Hand. Ich stand auf dem Kiesgrund mit einem Bein und sackte gleich durch, wurde von der Dynamik nach vorn geschubst, torkelte, strauchelte und stand auf einmal im Wasser. Ungläubig schaute ich mich um. Da hinten stand die Mauer. Sie schien mir ziemlich hoch und weit. Erika eilte auf mich zu, Tränen in den Augen. Mir war nichts passiert!

 

 - Als ich mit meiner gelähmten Frau Ende der 90er Jahre auf Wohmobil-Tour war, brach die Treppe, die vor der Eingangstür des Mobils stand, beim Betreten unter mir zusammen. Mit meiner Frau auf dem Arm sackte ich zwei Stufen tief. Ich geriet in Gefahr, das Gleichgewicht zu verlieren. Ich hielt meine Frau so fest wie ich konnte in meinen Armen und gewann, an einem Türpfosten mich lehnend, die Balance wieder.

 - Ein anderes Mal trat ich beim Aussteigen - rückwärts aus dem Mobil, mit meiner Frau auf dem Arm - auf einen Kieselstein. Ich wankte, stolperte weiter rückwärts, schwankend, konnte mich kaum auf den Beinen halten, hielt aber meine Frau fest an mich gedrückt und dachte: wenn doch nur eine große Mauer hinter mir wäre! Die gab es, es war die Längswand einer Doppelgarage, die mich auffing. Geschafft! Ich schnaufte und atmete tief durch. Erika hatte nicht einmal geschrieen. Ich fragte Erika: „Hast du keine Angst gehabt, als ich mit dir durch die Gegend taumelte?“ „Nein“, antwortete sie, „nicht, wenn du mich auf den Armen trägst!“

 

 - Unsere Reisen mit dem Wohnmobil – Erika wegen ihres Schlaganfalles liegend an Bord - brachten uns zu vier wichtigen Wallfahrtsorten: 1995 nach Lourdes, 1996 nach Rom, 1997 nach Fatima und Santiago dem Compostela. Am letztgenannten Ort wird der hl. Jakobus verehrt und zwar in einem großen Dom. Uns fiel in der Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts ein Büchlein über die Pilgerfahrt auf dem Jakobsweg in die Hände. Da wir auf unseren Reisen mit dem Wohnmobil immer an neuen Zielen interessiert waren und wir schon die Reise nach Fatima 1996 beschlossen hatten, wollten wir auch Santiago de Compostella besuchen. Schon Jahrzehnte vorher wurde das Pilgern über den Jakobsweg zum Boom. Doch unser Interesse fand weniger die bekannten Routen  als die Frage überhaupt, wie kommen wir am schnellsten und sichersten mit einem Wohnmobil zum Hl. Jakob. Für die Hin- und Rückreise brauchten wir für die ganze Tour sechs Wochen und legten 7000 km zurück.

Sicherlich war unser geheimer Gedanke, vielleicht eine Besserung von Erikas Zustand zu erreichen. Das wir darauf hofften, legten auch die gewählten Reiseziele Lourdes, Rom, Fatima und jetzt Santiago nahe. Eine Heilung erreichten wir nicht, aber was wir in Santiago dann erlebten, machte diese Reise unvergesslich. Unsere Fahrt zum Besuch des Domes brachte aber schon ihre Schwierigkeiten. Die Parkplätze und Straßen waren mit Autos belegt. Durch eine Großstadt mit einem Wohnmobil von über sechs Metern Länge zu fahren und eine Parkmöglichkeit zu suchen, die in der Nähe des Domes liegt, hatte schon seine Probleme! An einer kleinen Straße mit einer ziemlichen Steigung fanden wir schließlich einen Stellplatz. Bremsklötze waren nötig. Außerdem hatten wir bei einem unbewachten Platz die Sorge, dass Diebe – vor denen wir eindringlich gewarnt worden waren – unseren Wagen ausrauben würden. Also musste alles, was ins Auge fiel, weggeräumt werden. Da war also die erste Bitte an den Hl. Jakobus fällig., dass alles gut ging. Dann ging es mit Erika im Rollstuhl zum Domplatz.

Dort fanden wir keinen geeigneten Zugang zum Dom-Innern, den man mit einem Rollstuhl bewältigen konnte. Überall hohe Treppen bis vor den Türen. Die Polizei am Platz konnte weder Deutsch noch Englisch. Den einzigen Hinweis, den wir bekamen, war, um den Dom herumzufahren; aber auch dort konnten wir nur eine Treppe mit vielen, vielen Stufen sehen.

Und da geschah es. Als wir auf die endlosen Treppen starrten und ziemlich hilflos, eigentlich hilfesuchend umherschauten, fiel uns ein Mann auf. Er trug einen dunklen Anzug und hatte irgenwie eine schlichte Würde. Er schritt auf uns zu. Zunächst beachteten wir ihn nicht, doch zielstrebig wie er auf uns zu ging, drehten wir uns erwartungsvoll zu ihm hin. Ungefähr zehn Schritte vor uns blieb er stehen. Er fixierte uns, hob seinen linken Arm, winkte uns heran, wandte sich zugleich um mit erhobenem Arm und ging den Weg zurück, das Seitenschiff der Kathedrale entlang. Irgendwie unschlüssig fuhr ich dennoch mit Erika im Rollstuhl hinter ihm her. Ich beschleunigte das Tempo, doch die geheimnisvolle Gestalt war nicht einzuholen. Dann sehe ich plötzlich, dass der Mann sich uns zugewendet hat und mit dem rechten Arm heftig zur Kirche deutet. Ich schaue dorthin, ob da etwas zu sehen ist, und – erkenne, dass dort eine normale Eingangstür in den Dom führt, die eifrig benutzt wird. Ich rufe: „Eine Tür!“ und stelle fest, Erika hat alles mitverfolgt.

Ich wende meinen Kopf zurück, um dem freundlichen Wegführer zu danken, aber da ist keiner mehr! Weit und breit kann ich keinen Menschen sehen. Oder war es gar kein Mensch, dachten wir damals. Wir waren irgenwie erschrocken, aber dass wir einen Zugang gefunden hatten, überdeckte alles. Unserem "Engel" oder – „war es vielleicht der hl. Jakobus?“ schoss es mir damals durch Kopf – konnten wir keinen Dank sagen.

Doch jede Weihnacht rückt das Ereignis in Santiago in den Mittelpunkt, wenn vor Weihnachten einem unserer Krippenkönige das Räucherfass, das dem großen Räucherfass vom Dom in Santiago nachgebildet ist,  in die Hände gegeben wird.

 

Aus dem 2. Weltkrieg fallen mir noch Situationen ein, die mir doch schon ans Wunderliche grenzen.

 

 - Seit etwa drei Jahren war Krieg, der zweite Weltkrieg, seit 1939.. Viele Nahrungsmittel waren rationiert, jeder bekam eine bestimmte Portion an Essen. Keiner konnte mehr soviel kaufen wie er wollte, auch wenn er genügend Geld gehabt hätte. Nahrungsmittelkarten regelten die Nahrungsverteilung.

Mit dem Jahr 1942 wurden bestimmte Nahrungsmittel noch mehr gekürzt. Ich war jetzt acht Jahre. Meine Eltern mussten für 6 Personen sorgen, mein ältester Bruder war an der Westfront. Bislang versuchten meine Eltern die Einschränkungen beim Essen mit den Erträgen aus unserem Schreber-Garten zu kompensieren. Doch die Gehbehinderung meines Vaters verschlimmerte sich; seit Oktober 1941 musste er nun den Rollstuhl benutzen. Da er deswegen den Garten kaum noch bearbeiten konnte, verminderten sich die Ernten von Gemüse, Kartoffeln und Obst aus unserem eigenen Garten. Das Essen wurde wirklich in unserer Familie knapper. Das ist für viele Menschen heute unvorstellbar.

Eines Tages stürmten meine Schwestern durcheinander rufend in die Küche, wo meine Mutter und ich waren: „Guckt mal, was wir hier haben.“ Zwei hatten ihre Hände hoch erhoben. Darin sah man  Lebensmittelkarten.

Unsere Mutter staunte! „Woher habt ihr die denn?“ Meine Schwestern redeten alle durcheinander. Ich verstand nichts. Es dauerte, bis meine Mutter die ganze Geschichte herausbekam und rekonstruieren konnte. Was war passiert?

Meine Schwestern hatten in ihrem Zimmer zur Straße gespielt. Auf einmal segelte etwas durch die Luft. Eine meiner Schwestern sah am offenen Fenster eine Hand verschwinden. Sie stand da starr vor Schreck. Die beiden anderen waren fasziniert von den segelnden Blättern und schnappten sie. Schnell erkannten alle drei, was ins Zimmer geworfen worden war. Sie wussten nur zu gut, wie Lebensmittelkarten aussahen, immerhin war meine jüngste Schwester damals 12 Jahre. Vom Schreck erholten sich alle sehr schnell, als Mutters Prüfung ergab, dass die Karten echt waren. „Das ist ein Wunder! Nicht?“, fragte eins der Kinder,

Mutter wurde ganz still. „Wir können Brot kaufen!“, flüsterte sie. Da brach der Jubel erneut los.

Meine Schwestern konnten schon sehr gut verstehen, was dieser Segen für unsere Familie bedeutete. Sie kannten nur zu gut die Einschränkungen und die Sorgen unserer  Eltern. Es war von meinen Eltern noch eine schwierige Aufgabe mit den Kindern zu meistern. In den damaligen politischen Zeiten war es nicht ratsam, anderen von der Herkunft der Karten zu erzählen geschweige denn von einem Wunder zu reden.

 

 - 1943 wurde auch die Stadt Rheine mit Bomben angegriffen. Dort lebte die Familie meiner späteren Frau Erika, sie war damals 8 Jahre alt. Sie saß mit anderen Familien im Keller des Hauses, wo sie wohnten. Das bekam einen Volltreffer. Alle Ausgänge und Fenster im Keller waren verschüttet, aber die Kellerdecke hielt. Noch!

Alle waren voller Angst und Not. Schließlich entdeckten sie einen kleinen Lichtschein. Es war eine winzige Verbindung zur Außenwelt. Die Verschütteten machten sich bemerkbar.

Schnell waren Helfer da, die das Loch vergrößerten; aber Vorsicht war geboten, denn keiner wusste die Stabilität des in Schutt liegenden Hauses einzuschätzen. Bald war die Öffnung nach draußen so groß, dass man sich an den Händen fassen konnte und sich Mut zum Durchhalten machte. Doch war die Öffnung nicht mal so groß, dass ein Kind hätte seinen Kopf durchstecken können. Der Kaplan der Pfarrgemeinde war auch da, und sprach Trost und Kraft zu. Die Situation war sehr beklemmend und erschütternd, dass Erika noch nach Jahren, mit Tränen in den Augen berichtete, dass der Kaplan allen die hl. Ölung gespendet hatte.

Dann rückten Spezialisten an, die den Schutt Schüppe um Schüppe abtrugen, immer mit höchster Vorsicht, dass das Loch nicht wieder zufiel, und mit wachsamen Augen, damit sie keinen Blindgänger übersahen. Außerdem wusste keiner ob, die Flugzeuge vielleicht wiederkommen würden.

Die Zeit wurde allen sehr lang, bis der erste Verschüttete durch das Loch in die Freiheit krabbeln konnte. Alle wurden gerettet, alle waren unversehrt. Aber der Schreck saß fest unter der Haut. Ja, auch die Rettung war unter die Haut gegangen.

 

Von der Autofahrerei steht mir ein Unfall noch deutlich vor Augen.

 . Ich hatte gesehen, was mich erschlagen wollte.

Ich musste einen Einkauf in Münster erledigen und fuhr Richtung Wolbeck; die erste leichte Kurve war zu sehen. Da erkannte ich einen offenen kleinen LKW, der mir mit ungewöhnlicher Geschwindigkeit entgegenkam. In der Kurve geriet er von der Fahrbahn ab und fuhr rechts auf ein Gelände einer kleinen Brücke auf. Er hörte nicht auf zu steigen. Ich starrte auf das, was durch die Luft auf mich zukam. 3- 4 m hoch und ich steuerte direkt auf den Brocken zu! Nur weg dachte ich! Vorwärts mit Vollgas. Ehe ich mich versah, war der LKW über mich hinweg gebraust. Ich hörte es unmittelbar hinter mir krachen. Ich fuhr immer noch Vollgas, als wenn ich ein steifes Bein hätte. Ich sah einen Weg rechter Hand und  fuhr rein bis zum nächsten Haus. Ich stürzte aus meinem Wagen, schellte und stotterte: Polizei holen; auf der Straße ist ein Unfall."

Ich bekam einen Kaffee. Dann saß und saß ich bewegungslos auf dem Stuhl. ich hatte immer noch den steigenden Wagen vor Augen. Was war wohl mit dem geschehen, der hinter mir fuhr?

Es dauerte, dann schlich ich mit meinem Auto nach Hause. Eine schwarze Wolke stieg aus dem Wrack auf der Straße. Wenn ich das aufs Dach meines PKWs bekommen hätte? - Außer dem Fahrer hatte keiner Schaden erlitten. -  Der Fahrer des verunfallten Wagens war angetrunken gewesen. Ich musste als Zeuge aussagen.