Hallo liebe Leserin, lieber Leser!
Erinnerungen aufschreiben
Kürzlich
bat mich jemand, doch mal meine Erfahrungen zu "Erinnerungen
aufschreiben" mitzuteilen, was ich auch tat, und ich schickte ihm den
Brief zu.
ich
dachte, dass diese Zeilen - ein wenig verändert - es auch wert wären, im
Netz zu
dokumentieren, d. h. etwa meine eigene Entwicklung und Darlegung
meiner Motivation.
Hier ist also die leicht veränderte Fassung:
"Mein(e) Liebe(r)!
Ein paar Antworten zum Thema "Erinnerungen" kann ich dir
sofort geben, wenn sie sicher auch nicht vollständig sind.
A 1. Wofür schreibe ich? Für wen? Grundsätzlich. Erfahrungen.
Zuerst habe ich gedacht, schreib mal für dich selbst! Es geht so vieles,
was man erlebt hat verloren, und man möchte es einfach irgendwo
aufgehoben wissen, dass es nicht vergessen wird. Es tut mir weh, wenn
ich es auch nicht gern zu gebe, dass ich vieles, was ich denke und für
wert erhalte zu überdauern, meiner Nachwelt nicht mitgeben bzw.
hinterlassen könnte; von vielen Dingen und Ereignissen, von denen ich
glaube, sie könnten was bringen, sie wären wichtig - wollte ich
berichten. Sonst - geht alles den Bach runter. Übrigens ist das auch in
der Wissenschaft so. Wo bleiben all die guten Gedanken in den
Diplomarbeiten???- und damit ist man schon an einem anderen Ziel.
2.Was ich bislang geschrieben habe, hatte zunächst immer eine
andere Motivation oder Ausgangspunkt. Die Märchen etwa für meine jungen
Enkelkinder, weil ich schon viele Märchen (Grimm, Bechstein, Andersen)vorgelesen hatte, und sie
sagten, mach doch selbst ein Märchen, versuchte ich es im Kopf, und ich
dachte, erzähl mal einfach; konnte ich aber nicht, wurde nichts. Da setzte ich
mich hin und schrieb und konstruierte und erzählte - überarbeitete zig
mal und las vor und schrieb was Neues. Die Enkel hörten meine neuen
Märchen gern. Daraus wurde
mein erstes Märchenbuch. Keiner der 10 Verlage, denen ich das Manuskript
anbot, wollte es veröffentlichen. Alle Märchen, wenn ich sie vorlas,
fanden Zustimmung bzw. Beifall. Eins wurde auch im Rundfunk gesendet. Z.Z. arbeite ich schon etwas länger an einem zweiten Märchenbuch. Es hat
mehrere Geschichten, hat schöne Anfänge, aber im Moment weiß ich nicht
weiter - hoffe aber auf Eingebungen.
Die Professoren-Witze - mein zweites Buch - sind mir
zwischendurch so eingefallen und ich habe sie immer aufgeschrieben,
durchgearbeitet, verworfen und neu ausgewählt, ich habe sie dann
auf meiner Seite (Internet) veröffentlicht. Es sind z.T. Begebenheiten, die sich
abspielten, die eine oder andere leicht verändert. Verlage habe ich
nicht mehr angeschrieben, ich war es leid, Absagen zu kriegen. Ich
wollte ja nicht berühmt werden, ich wollte nur die Begebenheiten
festhalten. Und das schien mir besser in einem Buch als in einem
Manuskript. Also ließ ich es drucken. Ich wollte dann auch ein zweites
"Witz"- Buch schreiben, aber die Anekdoten hielten nicht meinen
Ansprüchen stand. Eins genügt dachte ich, und dabei bleibt es.
Die Tiergeschichten habe ich dann ganz bewusst für meine
Kinder und Enkelkinder aufgeschrieben, weil ich immer wieder merkte,
wenn ich mal von den Tieren in unserer Familie erzählte, hörten sie zu,
sogar andere Zuhörer lauschten gespannt. Und deswegen ließ ich die
Geschichten drucken. Aber ein Renner ist das Buch nicht geworden. Ich
muss gestehen, dass ich beim Märchenbuch noch selbst mehr Werbung
gemacht habe und Lesungen hielt. Türenklinken putzen - dazu hatte ich
keine Lust mehr. Mir reichte es, dass ich alles aufgeschrieben und
zugänglich für Interessierte gemacht hatte.
Außerdem leiden eben alle drei Bücher an einem Verlag, der keine
Werbung macht; wenn ich meine Märchen quitt geworden wäre bei einem
großen Verlag und in einer Buchhandlung, sähe sicher alles besser aus.
Aber man muss Wissen, dass Buchläden auch den Verlag und Buchhändler
zufrieden stellen müssen.
Nun bin ich an meinem vierten Buch angekommen - und da schrieb
ich, was ich wollte und wie ich wollte. Für mich, für meine Kinder und
Enkelkinder, für meine Bekannten, einfach weil ich das Leben meiner Frau
in der Endphase ihres Lebens - 16 geschenkte Jahre - festhalten
wollte, weil ich es wichtig fand, dass ihr Kampf und ihre Zufriedenheit
in ihrer Beeinträchtigung bekannt und gewürdigt werde, irgendwie! Und
dieses Leben sollte nicht vergessen werden.
B Stoff sammeln, besonders bei Aufarbeitung von Lebens- und
Zeitgeschichte
Meiner Meinung nach kann man zunächst nicht genug Stoff haben, d.
h. breit angelegt muss es sein. Da können, wenn man viele verschiedene Akzente,
Fakten und Handlungsstränge oder ähnliches anstrebt, gemeinte
Nebensächlichkeiten sehr wichtig werden . Manchmal hat man auch
einige wichtige Punkte aus den Augen verloren. Man muss dann u.U. wieder
von vorn anfangen und nach neuen Quellen suchen oder sie
wiederfinden.
Wenn ich immer noch suche nach Stoff - in Breite, Tiefe und
Menge -, dann kann ich noch nicht ans zielgerichtete und auswählende
Durchdenken herangehen, ich beziehe mich da besonders auf die
Aufarbeitung von Zeit- bzw. Lebensgeschichte, die mancher vor hat. Ich kann mir nicht denken, dass es nur einen Handlungsstrang gibt, es
sind bestimmt zwei oder mehr, die sich kreuzen usw. Formal könnten es
auch abgeschlossene Kurzgeschichte sein. Da habe ich z.B. Erinnerungen
an die Bücher: De Crescenzo, Luciano: Also sprach Bellavista: Neapel,
Liebe und Freiheit - und - Safir, David: Jesus liebt mich. Kleine
Geschichten hintereinander mit Verbindungen.
Wichtig ist mir immer gewesen, das Gesammelte griffbereit
aufzubewahren. Die Kopien, Auszüge oder Zettel-Stichworte oder Ähnliches
kann man anlegen nach Inhalten - eine Sammlung nach Gliederungspunkten - oder
nach dem Alphabet, oder gemischt. Eine Sammlung nach dem Alphabet -
lassen sich etwa mit Kärtchen in Kästchen, Ordner mit Alphabet-Register oder mit
Kladde mit ABC einrichten, wobei auch evtl. der Fundort vermerkt wird;
das ist hilfreich, wen man noch mal nachsuchen will oder nachträglich
Erweiterungen sucht. Zettel kann man schnell vervielfältigen und neu
ordnen! Ordnen und Verarbeiten kann man die Sammlung auch gut an einer
Magnettafel!
Eine Ordnung ergibt sich mitunter plötzlich, wenn man ein zweites
Mal sichtet, man schmeißt raus (aber noch nicht weg!), füllt Lücken auf
und/oder ähnliches. Natürlich muss es irgendwann eine Trennung nach Wichtigkeit,
Zugehörigkeit und gegen Weitschweifigkeit geben. Insofern ist eine
gedankliche Orientierung zum Thema schon zum frühen Zeitpunkt der
Planung richtungsweisend, d. h. auch hilfreich, zu begrenzen und eine
Konzentration zu erreichen.
Der eine oder andere, fängt auch schon mal beim Sammeln und Ordnen
an zu schreiben. Das hilft Motivation zu bewahren.
Dem Schreiben geht natürlich ein stärkeres Ordnen und eine
Zielausrichtung, voran. Wenn ich dann an zu schreiben anfange , wird während
meines Schreibens der erarbeitete Stoff immer wieder herangezogen und abgewogen werden und vielleicht sogar neue Sichtungen/Veränderungen vorgenommen
werden - bis dahin, dass sogar die innere Logik der Geschichte/Ausführungen Forderungen stellt.
Das trifft besonders für die Teile zu, die mehr erzählender und
weniger berichtender Art sind. Mir hat auch beim Schreiben geholfen,
wenn es um die Weiterentwicklung der Handlung ging, das Märchen immer
wieder zu lesen, damit man tief in den Stoff kam und den Fortgang der
Geschichte "erfühlte".
Soweit erst mal. Es fiel mir so ein, und ich schrieb.
Ich helfe dir gern, aber ich bin kein Germanist!!!
Nochmals, danke für Deinen Brief!
Ich finde es klasse, dass du etwas schreiben willst. Aber man wird
weder reich noch berühmt, wenn man keinen großen Verlag für seine Idee
gewinnen kann. Aber es macht Spaß und ist irgendwie spannend und erfüllt
einen! Versuchen solltest du aber schon, an einen Verlag zu kommen!
Es grüßt herzlich - und viel Spaß!
Winfried"