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Wo die Sonne mittags im Norden steht
Cruzeiro do Sul in Acre
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REPTILIA
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internationale Terraristik
Fachmagazin
NTV Verlag Münster |
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13
Die Froschgeschichte -
Kombô -
Die Froschimpfung
Eine
alte indianische Naturheilmethode zur Stärkung des Immunsystems
mit dem Hautsekret des Riesenlaubfrosches Phyllomedusa bicolor.
Nachfolgender Aufsatz erschien in der Zeitschrift REPTILIA,
29 (2001) Ausgabe Juni/ Juli, internationale Terraristik
Fachmagazin, mehrsprachig. NTV Verlag Münster.
Der nachfolgende Report passierte genau, wie
geschildert, ich (Winfried Kerkhoff) war bei einigen Szenen dabei und habe einen Teil der
Fotos geschossen. Viel Spaß bei dem Bericht von Renate und Bernd
Pieper.
Auf eine ganz außergewöhnliche Froschgeschichte
stießen wir anlässlich unserer Südamerikareise zur Erforschung der
Anurenfauna Westbrasiliens im Bundesstaat Acre, März 2001. Die
Einladung unseres Freundes, Pater Herbert Douteil, nahmen wir gerne
an, einige Zeit in seiner Urwaldklinik zu verbringen, um von dort aus
in mehreren Exkursionen die tropische Fauna und Flora seiner Heimat zu
entdecken.
Nach einer mehrtägigen Anreise wurden wir am
Flughafen von Cruzeiro do Sul freudig erwartet und abgeholt. Die
anschließende Fahrt mit dem Geländewagen zur Tropenklinik war
schnell erledigt. Während der ersten Mahlzeit in dem Krankenhaus mit
den dort beschäftigten Ärzten und unserem Gastgeber erzählten wir
über unser besonderes Interesse an tropischen Fröschen. Nach einem
hervorragenden brasilianischen Mittagessen kam die Haushälterin Donna
Maria mit einem eisgekühlten, unglaublich leckeren Dessert aus der
tropischen Frucht Pupu-acu an den Tisch. Sie hatte unser Gespräch über
die Frösche teilweise mitgehört und fragte uns: “ Kennt Ihr
eigentlich KAMBÔ ? „ Wir schauten uns fragend an und dann in die
Runde. Dort war KAMBÔ durchaus als indianische Heilmethode bekannt.
Man nennt sie auch – Vacina do sapo - , was Froschimpfung bedeutet.
Angeblich soll das Hautsekret eines nachtaktiven Frosches, auf die
Haut des Menschen aufgetragen, das Immunsystem stärken und viele
weitere positive Auswirkungen auf den Körper haben. Wir hatten da
unsere erheblichen Zweifel und waren nur bedingt interessiert. Dies
stellte auch unser Gastgeber fest und er grinste verschmitzt. Er
wollte für den nächsten Montag jemanden besorgen, der mehr über
diese angebliche Wunderimpfung berichten kann. Wir dachten noch, was
da wohl für ein Schamane auftauchen werde, der irgendwo eine Kröte
ausgegraben hat, um uns dann seinen Hokus-Pokus vorzuführen. Uns war
es viel wichtiger, Wanderungen durch die Natur zu unternehmen, um eine
Menge Fotos von den Tieren und Pflanzen zu machen. Die interessante
Unterhaltung ging weiter und wir planten unsere erste mehrtägige Tour
in den brasilianischen Urwald. Über die Froschimpfung dachten wir
nicht weiter nach und sie geriet bei uns in Vergessenheit.
Am darauf folgenden Montag morgen klopft es an
unsere Tür und jemand sagt: „ Hallo, ich bin jetzt da und heute ist
der Tag Eurer Froschimpfung.“ Schlagartig erinnern wir uns an KAMBÔ
und öffnen die Tür. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßt uns
der angehende Zahnarzt Guido Stiehle. In einem Päckchen hat er alle
notwendigen Dinge und auch Fotos mitgebracht. Eine Kröte oder einen
Frosch hat er nicht dabei. Nach dem Entschluss, uns zumindest ausführlich
informieren zu lassen, begeben wir uns an einen ruhigen schattigen Ort
im Bereich der Urwaldklinik und suchen einen Pavillon auf, der in
einem Orangengarten steht. Auf seine nette und kompetente Art überzeugt
uns Guido davon, dass KAMBÔ eine Behandlungsmethode ist, die im
tropischen Regenwald von den Indios herausgefunden wurde und schon
lange mit Erfolg angewandt wird. Die mitgebrachten Fotos über den
Fang des Frosches überraschen uns doch sehr.
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Es handelt sich um
Phyllomedusa bicolor. |
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Es ist einer der größten nachtaktiven Laubfrösche
Südamerikas. |
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Er lebt fast ausschließlich hoch in den Bäumen und
begibt sich nur selten, bei starkem Regen, zur Vermehrung in die
Bodenregion. |
Über ein Hautsekret oder gar Gift dieses Frosches hatten
wir nach unserer Erinnerung bisher nichts in der Literatur gefunden.
Wir sind erstaunt zu hören, welche verschiedenen
Auswirkungen das Hautsekret auf den menschlichen Körper haben soll.
„In erster Linie“, erklärt Guido Stiehle, „ wird das
Immunsystem gestärkt. Zudem erfolgt eine Blutreinigung. Es hilft bei
Angstzuständen, Depressionen und ist durchblutungsfördernd“. Das
Fortschreiten von Krebsleiden soll verzögert werden. Positive
Auswirkungen auf Rheuma und sonstige Gelenkerkrankungen werden
berichtet. In hohen Dosen haben die Indios das Sekret auch zur
Abtreibung genutzt, wenn der Schamane mit seinen besonderen Fähigkeiten
festgestellt hat, dass der Fötus geschädigt oder eine sonstige
Behinderung zu erwarten sei. Einige Stunden vor der Jagd nutzen die
Indios KAMBÔ um ihre Sinne zu schärfen, besonders das Sehen und Hören,
damit der gewünschte Jagderfolg sicherer ist. Eine weitere
bemerkenswerte Wirkung ist die deutliche Steigerung der körperlichen
Leistungsfähigkeit und Kondition. Das Bedürfnis zu essen und zu
trinken wird auf ein Minimum reduziert.
Guido hat sein umfangreiches Wissen über die
Froschimpfung und sonstige Naturheilkunde der Tropen von seinem
Schwiegervater, Francisco Gomes Muniz, und anderen Verwandten erworben
und übernommen. Er war in der Tropenklinik - Santa Maria – bei
Pater Herbert Douteil als medizinischer Famulant beschäftigt und
lernte hier die Frau seines Lebens kennen. Sein Schwiegervater ging
vor ca. 30 Jahren in Brasilien, Acre, dem schweren Beruf des
Gummischneiders – Seringueiro – nach. In dieser Zeit lebte er
unter härtesten Bedingungen im tropischen Regenwald. Er lernte dort
die Katukina-Indianer kennen. Diese Indios wurden damals als
Leibeigene von den Gummibaronen erheblich ausgenutzt. Francisco half
den Katukina bei der Durchsetzung ihrer Interessen und wurde im Laufe
der Jahre ihr politischer Führer.
Dabei erwarb er die entsprechenden medizinischen Kenntnisse und
Fähigkeiten, die er noch vor seinem Tod am 04.02.2001 an seine Söhne
und Guido weiter geben konnte.
Die vielen Details beeindrucken uns sehr und
Guido schildert, wie er schon verschiedentlich mit seinen Verwandten
in der Vergangenheit an ganz bestimmten Vollmondnächten unterwegs
war, um den Phyllomedusa bicolor zu suchen und zu fangen. Der nächtliche
Ruf dieses Frosches ist sehr laut und eindeutig erkennbar. Dadurch
verrät er seinen Standort. Es ist gefährlich und schwierig, bei
Dunkelheit die hohen Bäume zu erklimmen.
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Nach erfolgreichem Fang wird
das Hautsekret gewonnen, wobei der Frosch weder getötet noch verletzt
wird. Ein stetiges und längeres Klopfen auf den Kopfschild oder auch
Massieren des ganzen Körpers mit einem Holzstäbchen stimuliert
das Tier, |
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sehr langsam ein weißes schleimiges Sekret abzusondern. Mit dem
Holzstab wird diese Substanz abgeschabt und auf einen größeren
Holzspatel aufgetragen. Dort trocknet es und kann längere Zeit
aufbewahrt werden. |
Die Wirkung kann auf die Dauer nachlassen und ist
auch von Tier zu Tier unterschiedlich.
Das Gleiche gilt für die Menge des Sekrets welches abgesondert wird.
Im Normalfall kann man von den Weibchen eine größere Menge gewinnen.
Der individuelle Wirkungsgrad des Sekrets führt dazu, dass bei
verschiedenen Personen schwankende Reaktionen erzielt werden. Guido
weißt darauf hin, dass mit der Anwendung auch erhebliche Körperreinigungsreaktionen
wie Erbrechen, Durchfall und Schweißausbrüche einhergehen können.
Das Sekret wird in einer Reihe von Punkten aufgetragen. Bei der
Erstimpfung werden 5 Applikationspunkte gesetzt. Im Falle von
mehrfacher Anwendung oder bei einem schwächer wirksamen Sekret kann
die Zahl der Punkte gesteigert werden. Da die Wirkung bei Frauen stärker
ist, erfolgt die Applikation bei diesen an der Wade. Bei Männern
setzt man die Punkte am Oberarm. Versehen mit derartig vielen
Informationen entschließen wir uns beide, eine solche Froschimpfung
durchführen zu lassen. Getreu dem Motto – Ladies first - ist Renate
als Erste dran.
Es ist empfehlenswert, die Impfung morgens auf nüchternen
Magen durchzuführen.
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Guido öffnet das mitgebrachte Päckchen und
legt die notwendigen Dinge auf dem Tisch bereit. |
Das sind der
Holzspatel mit dem Sekret, ein am Ende spitzes Holzstäbchen und ein
kleines Messer.
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Eine Kerze wird angezündet und eine Schüssel kaltes
Wasser sowie genügend Trinkwasser werden herbeigeholt. |
Renate steht
im Pavillon und hat das rechte Hosenbein hochgekrempelt.
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Das stumpfe
Ende des Holzstäbchens wird an der Kerze entzündet, die Flamme
ausgeblasen und durch Pusten zum Glühen gebracht. |
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Die Haut wird an fünf
Stellen eingebrannt. Direkt danach wird die verbrannte Haut mit dem
Messer bzw. mit dem spitzen Ende des Stäbchens entfernt. Der Vorgang
verursacht keine Schmerzen. |
Renate wartet und trinkt größere Mengen
Wasser. Guido gibt einen Tropfen Wasser auf den Spatel mit dem
getrockneten Hautsekret.
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Mit dem Holzstäbchen wird das Sekret
aufgeweicht, geknetet und zu fünf kleinen Kügelchen geformt, die
dann mit dem Messer und Stäbchen genau auf die vorbereiteten
Hautstellen gebracht werden. |
Renate setzt sich auf einen Stuhl. Schon
nach ca. 10 Sekunden rötet sich die Gesichtsfarbe stark. Vermehrte
Atmung setzt ein mit erhöhter Pulsfrequenz. Ansteigen der Körpertemperatur,
Schwindel und ein komisches Gefühl im Magen. Kurz vor der Ohnmacht
kommt die Äußerung: „Ich muss doch jetzt wohl nicht sterben."
Guido sagt: „Natürlich nicht“ und lacht. In diesem Moment
verliert Renate die Besinnung als sei sie vom Blitz getroffen. Wir müssen
sie zu zweit auf dem Stuhl festhalten. Es sind jetzt erst drei Minuten
nach der Applikation vergangen. Sofort wischt Guido die fünf
applizierten Sekrettropfen weg, um eine Gesundheitsschädigung zu
vermeiden und kühlt Renate die Stirn und Hände mit Wasser. Die Füße
werden hochgelagert und nach einigen Sekunden endet die Ohnmacht. Arme
und Beine können wieder kontrolliert bewegt werden. Renate ist
ansprechbar, befindet sich aber in einem schlafähnlichen Zustand mit
geschlossenen Augen für die Dauer von etwa 10 Minuten. In dieser
Phase ändert sich die Gesichtsfarbe von rot in totenbleich. Danach
setzt die Körperreinigungsphase ein durch heftiges Erbrechen, Schweißausbrüche,
Magenschmerzen, Übelkeit und Körperschwäche. Es folgt eine
Ruhepause im Schatten in der Hängematte für mehrere Stunden. Im
Nachhinein befragt erklärt Renate, dass sie während des gesamten
Vorganges keine Panik oder Angst hatte.
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Ab etwa Mittag, ca. vier
Stunden nach der Applikation, geht es Renate extrem gut. |
Insgesamt ist der
körperliche und geistige Allgemeinzustand deutlich besser als vor der
Impfung. Subjektiv werden deutlich bessere Sinneswahrnehmungen
empfunden. Auch nach drei Tagen besteht weiterhin bessere Sehschärfe,
was sich durch den Fund eines nur 20 Millimeter großen Frosches
bewies. Dieser kleine gelb-schwarz gefärbte Kerl hatte sich tief in
einer Baumhöhle verborgen und war als solcher kaum erkennbar. Nach
dem Fang stellte sich heraus, dass es sich um eine neue Farbvariante
von Dendrobates quinquevittatus handelt. Unter dem Eindruck dieser außergewöhnlichen
Vorgänge entschließt sich der Mitautor Bernd dazu, den Impftermin
zunächst aufzuschieben.
Die anhaltend positive Wirkung auf den
Gesundheitszustand bei Renate vor allem im Zusammenhang mit der Sehschärfe
bringt Bernd dazu, einige
Tage später die Impfung dann doch durchzuführen. Unser Gastgeber
Herbert schließt sich an.
Pater
Herbert, Renate, Guido, Bernd |
Die Prozedur der Applikation erfolgt wie
bei Renate beschrieben,
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aber in Form von fünf Punkten am Oberarm. |
Erste Wärmeentwicklung entsteht schon nach wenigen Sekunden, wobei
sich ein angenehm warmer Strom in der Körpermitte entwickelt und in
den Kopf steigt. Zunehmende Gesichtsröte und leichtes Schwitzen setzt
ein. Starke Hitze und Taubheitsgefühl im Unterkiefer machen sich
bemerkbar. Nach ca. fünf Minuten und Trinken eines Glases Wasser
tritt leichte Übelkeit auf, die sich langsam verstärkt. Erhebliches
Ohrenrauschen und Veränderung der optischen Wahrnehmung in Form eines
Tunnelblicks.
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Überempfindlichkeit bei Berührungen und sehr starker
Schweißausbruch in Verbindung mit saurem Geschmack im Mund entsteht. |
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Die aufkommende Ohnmacht kündigt sich durch ein heißes lautes
Brausen im Kopf an. Bernd sinkt langsam wie in Zeitlupe in sich
zusammen. |
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Pater
Herbert und Guido
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Bernd
und Pater Herbert
Es sind ca. 12 Minuten vergangen. Nach dem Wegwischen der
Sekrettropfen Ende der Bewusstlosigkeit und eine schnelle Erholung
tritt ein. Kein Erbrechen, keine negativen Empfindungen, nur leichte
Benommenheit. Vergleichbare Reaktionen werden bei Herbert beobachtet. |
Etwa eine Stunde danach sitzen wir gut gelaunt beim gemeinsamen Frühstück.
Darauf folgt eine lange Phase sehr
starken Wohlbefindens. Die positiven Auswirkungen sind noch Wochen später
konkret spürbar und nachweisbar. Guido weißt darauf hin, dass es
auch möglich ist, bestimmte
Krankheiten durch Mehrfachimpfungen gezielt zu bekämpfen.
Diese beiden Versuche haben uns von der
beachtlichen Wirkung der Froschsekrets überzeugt. Vor allem die
mittelfristig erkennbaren positiven Folgeerscheinungen
hinsichtlich des körperlichen Allgemeinzustandes und der
sinnlichen Wahrnehmung haben uns gezeigt, dass Guidos Angaben zur
Froschimpfung den Tatsachen entsprechen. Dadurch noch neugieriger
geworden befragten wir weitere Personen zu ihren Erfahrungen mit KAMBÔ.
Eine angehende Ärztin aus Deutschland hat sich
wenige Tage vorher der gleichen Impfung unterzogen. Nach ihrer
Beschreibung erfolgte kaum eine körperliche Reaktion, aber auch
hinterher keine positive Wirkung. Möglicherweise war das Sekret schon
deutlich älter und damit schwächer.
Ein Amerikaner bekam direkt nach der Applikation
eine extrem geschwollene Unterlippe, die ein mehrfaches ihres Volumens
annahm. Diese Erscheinung dauerte ca. 20 Minuten. Die Empfindung des
Amerikaners war, dass er nach seinem Gefühl in der Lage gewesen währe,
die Lippe über den ganzen Kopf ziehen zu können.
Bischof Herbst, der vor 48 Jahren in Cruzeiro do
Sul sein Lebenswerk begann und jetzt hier im Ruhestand ist, wurde
ebenfalls von uns nach KAMBÔ befragt. Mit diesem Wort konnte er zunächst
nichts anfangen; die indianische Heilmethode mit dem Froschsekret war
ihm aber bestens bekannt. Er wies noch darauf hin, dass nach seinen
Informationen das Sekret auch gewonnen werden könne indem man den
Frosch in die Nähe des Feuers setzt sodass er quasi den weißen
Schleim ausschwitzt. Auch bei dieser Methode wird der Frosch nicht
verletzt oder geschädigt.
An einem der letzten Tage in Cruzeiro do Sul
wurden wir von dem Reporter der dort erscheinenden Zeitung
VOZ DO NORTE über den Sinn und Zweck unserer Reise interviewt.
Wir sprachen zunächst über das, was uns an Südamerika
fasziniert und über unser Hobby, die tropischen Frösche. Als das
Gespräch auf die Indios und ihre Heilmethoden kommt, wundern wir uns
überhaupt nicht mehr, dass der Reporter seinen Ärmel hochkrempelt
und uns die Applikationspunkte seiner letzten KOMBÔ-Behandlung zeigt.
Nach seiner Kenntnis werden auch die anderen Arten der Gattung
Phyllomedusa, welche hier vorkommen, für KAMBÔ benutzt; wenn
vorhanden bevorzugt man aber den Phyllomedusa bicolor.
Am Wochenende begleiten wir Pater Herbert in
einen weit abgelegenen Winkel seiner riesig großen Pfarre. Die
halsbrecherische Fahrt durch übelste Schlammpisten kann man nur überstehen,
wenn man ein bestens geeignetes Fahrzeug hat und einen hervorragenden
und geübten Fahrer (Pfarrer). Nachdem wir uns von Schlammloch zu
Schlammloch vorgearbeitet haben, stehen wir endlich vor einer kleinen
Holzkapelle am Rande des Primärwaldes. Die Siedler sind hier erst vor
wenigen Jahren ansässig geworden. Die frischen Pflanzungen befinden
sich zwischen den zahlreichen, riesigen gefällten und angekohlten
Baumstämmen. Auch hier fragen wir die Einheimischen nach ihren
Erfahrungen mit KAMBÔ. Eine sehr kleine Frau erklärt uns, dass in
ihrem Garten drei der Frösche leben, die für KAMBÔ genutzt werden.
Herbert hat bis zur nächsten Messe etwas Zeit und ist bereit, uns
noch einige Kilometer weiter zu fahren. In einem hügeligen, frisch
abgeholzten Waldgebiet steht die Holzhütte der Siedlerfamilie. Durch
das Gelände fließt ein Bach der zu einem kleinen See gestaut ist.
Die Frau geht zielstrebig auf zwei Bäume zu, die direkt am See
stehen. Nach einigem Suchen zeigt sie auf einen der oberen Äste in
etwa fünf Metern Höhe. Dort
erblicken auch wir einen großen Frosch, der wie ein Huhn auf der
Stange fast in der prallen Sonne sitzt und schläft. Kein Zweifel, es
ist Phyllomedusa bicolor. Der Sohn der Familie klettert behände nach
den ersten Fotos auf den Baum und bricht den Ast mit dem Objekt
unserer Begierde ab. Wir sind völlig aufgeregt. Es handelt sich um
ein kapitales Tier von fast 14 cm Körperlänge. Er lässt sich nur
schwer von seinem Ast ablösen und weigert sich zudem, aufzuwachen. Es
werden eine Menge Fotos geschossen. Sehr auffällig sind die schönen
orangefarbenen Seitenzeichnungen und die grün lackierten Fingernägel.
Bevor wir den Frosch wieder in seinen Baum entlassen, führt uns der
Familienvater mit einem Holzstab vor, wie und an welchen Stellen bei
dem Frosch das KAMBÔ-Sekret gewonnen wird.
Mit diesem Bericht über eine einzelne
indianische Naturheilmethode möchten wir darauf aufmerksam machen,
welche Vielfalt an biologischem Potenzial im tropischen Regenwald
vorhanden ist, die bisher offenbar kaum erforscht wurde. Es ist nur
noch kurze Zeit vorhanden, in der brasilianische oder auch ausländische
Wissenschaftler vor Ort von der Natur lernen können. Die Politik
hat gerade beschlossen, von dem noch bestehenden Regenwald in den nächsten
zwanzig Jahren 90 % zu vernichten. Mit dem Wald werden die Indios
mit ihrem Wissen, sowie die Vielfalt der Tiere und Pflanzen für immer
verloren sein.
Warnen möchten wir vor unüberlegten
Selbstversuchen. Die Impfung darf und kann nur von
kompetenten Personen durchgeführt und überwacht werden, da
unsachgemäße Handhabung schwere Schäden mit sich bringen kann.
Absolut zu vermeiden ist, dass das Sekret direkt in den Blutkreislauf
gerät, da dies unter Umständen zum Tode führen kann. In
Gefangenschaft gehaltenen Frösche sollen nicht in der Lage sein, ein
wirksames Sekret abzugeben. Dies ist vergleichbar mit Fröschen der
Gattung Dendrobatidae ( Pfeilgiftfrösche ), die nachweislich nach
einigen Monaten im Terrarium ihr Hautgift fast vollständig verlieren.
Hinzu kommt, dass die Gewinnung des Sekrets nur zu ganz bestimmten
Zeiten nach besonders vorgeschriebenen Methoden erfolgen muss, um eine
Wirksamkeit zu erzielen.
Wir sind gerne bereit, Anfragen interessierter
Personen an unsere Bekannten in Brasilien weiter zu leiten.
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Bernd im Urwald |
Ganz besonders danken wir dem Spiritanerpater
Herbert Douteil für seine freundliche Aufnahme und Hilfe, sowie Giudo
Stiehle für die Impfung und seine Geduld, all unsere Fragen zu
beantworten
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